Das Erntedankfest wird jedes Jahr am ersten Sonntag im Oktober gefeiert. Für uns in Deutschland ist es mittlerweile völlig normal, zu jeder Jahreszeit fast alle Lebensmittel zur Verfügung zu haben. Wir müssen nur in einen großen Supermarkt laufen und kaufen, was wir brauchen. Sogar Früchte und Gemüse aus Ländern, die tausende Kilometer entfernt liegen, kann man hier in Deutschland kaufen.
In früheren Zeiten war das alles allerdings keine Selbstverständlichkeit.
Schon seit der Urzeit, als die Menschen gelernt haben, Äcker zu bebauen und ihre eigenen Früchte zu ernten, brachten sie deshalb als Dank dar. Am Ende der Erntezeit feierten sie dann ein Fest voller Freude, weil die Menschen wussten, dass sie für die lange Winterzeit vorgesorgt hatten. Sie konnten dann ihr Gemüse, Getreide und Obst einlagern und mussten in den kalten Wintermonaten keinen Hunger leiden. Wir können uns das heute kaum noch vorstellen: Wer zur damaligen Zeit im Winter genug Lebensmittel zur Verfügung haben wollte, musste sein Gemüse und Obst einlegen, einkochen oder trocknen. Am Ende der Wintermonate waren die Wintervorräte manchmal sogar schon aufgebraucht und man musste auf die erste Ernte im Frühling warten. Besonders schwierig und schlimm war es natürlich, wenn die Ernte ein Jahr nicht gut ausfiel. Dann gab es von den Lebensmitteln viel weniger (oder vielleicht überhaupt keine) und viele Menschen mussten dann Hunger leiden. Vor allem in den westlichen Industrienationen kennen die meisten Menschen heute diese Art von Hunger nicht mehr.
Aber auch, wenn wir die Lebensmittel mittlerweile in Supermärkten kaufen können, sollten wir uns immer noch die Frage stellen, woher diese Produkte eigentlich kommen. Oder anders: Wo wurden die Lebensmittel eigentlich angebaut? Wer hat sie angebaut? Wer hat sie gesäubert und abgepackt? Wer hat sie schlussendlich in LKWs verladen und bis zum Supermarkt transportiert?
Für diese und andere Schritte braucht es viele helfenden Hände. Und eine Sache, die im Vergleich zur damaligen Zeit nahezu gleichgeblieben ist, vergessen wir heute auch sehr schnell: Der Erfolg der Ernte von Lebensmitteln ist immer noch abhängig von den klimatischen Bedingungen. Und so kann es auch heute noch vorkommen, dass ungünstige Wetterbedingungen und Naturkatastrophen nicht nur dafür sorgen, dass ganze Ernten ausbleiben. Ein solches Ausbleiben der Ernte kann auch heute noch die Existenzgrundlage von Landwirten gefährden, die ihrer Arbeit allzu oft in einem ganz anderen Teil der Erde nachgehen. Wenn wir einfach mal eben in den Supermarkt laufen und wie selbstverständlich dort unser Gemüse und Obst kaufen, vergessen wir das schnell.
Wenn wir Berichte über Überschwemmungen und verheerende Feuer sehen, wird uns dann aber plötzlich wieder bewusst: Der Mensch ist, trotz allen Könnens und allem Wissen, den Naturgewalten immer noch ausgeliefert. Das Leben lässt sich nicht vollständig durchkalkulieren und berechnen. Unsere Erde schenkt uns eine schon fast verschwenderische Fülle von Nahrung. Das kann man in unseren Supermarktregalen sehen.
Und das Erntedankfest gibt uns Gelegenheit dazu, für diese Versorgung mit Nahrungsmitteln zu danken!
In der Schöpfungserzählung der Bibel lesen wir in diesem Zusammenhang den Auftrag Gottes an den Menschen: „Macht euch die Erde untertan." Dieser Auftrag wird bis heute missverstanden. Was aber bedeutet er konkret für die Christen?
Zum einen bedeutet es, sich an den Gaben der Erde zu erfreuen, die Natur zu achten und sich ihren Regeln zu fügen,
- die Gaben und Güter der Erde miteinander – auch weltweit – zu teilen und für Gerechtigkeit bei Produktion und Entlohnung einzutreten
Zum anderen bedeutet es, unserem Schöpfer zu danken:
- für die Gaben, die er in der Schöpfung der Natur Mensch und Tier zudachte und
- für die Freiheit, die er den Menschen, verbunden mit dem Auftrag gab, diese Welt mit zu gestalten.